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Mitarbeiter als optimale Nachfolgelösung (MBO)

Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge gilt als eine der grössten unternehmerischen Leistungen des Inhabers/der Inhaberin. Rund 15% der Schweizer KMU sind mit der Nachfolge beschäftigt, und jedes dritte Unternehmen geht unter, weil die Nachfolge nicht gelingt. Nachfolgemodelle mit Mitarbeitenden (Management-Buy-out – MBO) können eine perfekte Lösung sein, um die Unternehmensnachfolge erfolgreich umzusetzen.

Von André Egli

Die Anzahl Firmen und Firmengründungen hat in den letzten 20 Jahren massiv zugenommen. Entsprechend ist absehbar, dass es mehr Nachfolgen geben wird. Wie die Nachfolge erfolgreich angegangenen wird, ist vielen Inhaber- *innen nicht bekannt. Oftmals wird der Nachfolgeprozess zu spät gestartet, oder das Vorgehen ist unstrukturiert. Entsprechend ist die Rate an missglückten Nachfolgelösungen leider zu hoch.

Früher gestaltete sich die Nachfolge einfacher, was aber nicht gleichbedeutend mit «besser» ist. Viele Nachfolger*innen wurden familienintern rekrutiert. Ob die familieninterne Lösung die optimale bedeutete, wurde mehrheitlich nicht oder zu wenig hinterfragt. Heute werden noch zwischen 30 und 40% der Nachfolgen familienintern gelöst (Tendenz sinkend). Deutlich steigend zeigen sich Nachfolgelösungen mittels Verkauf an Dritte (rund 30–40%). Gründe: Ein Nachfolger innerhalb der Familie ist nicht vorhanden, und/oder der Markt verlangt nach grösseren, vernetzteren Einheiten (Konsolidierungstrend). Sehr spannend für den Verkäufer und auch für den Käufer kann eine Nachfolge durch die Mitarbeitenden sein, ein sogenanntes MBO (aktuell rund 20–30%).

Nachfolgeprozess

Wann beginnt ein Nachfolgeprozess, und wann endet dieser? Diese Frage kommt immer wieder auf und kann so nicht abschliessend beantwortet werden. Der Verkäufer und der Käufer befinden sich hinsichtlich persönlicher Entwicklung und Klarheit in den Gedanken/ Vorgehen nicht am gleichen «Ort». Der Nachfolgeprozess (QR Code) ist sehr individuell.

Generation Y/Z

Die neuen, potenziellen Nachfolger kommen aus der Generation Y/Z. Die These: Personen der Gen Y/Z sind faul, uninspiriert und nicht unternehmertauglich, ist nachweislich nicht korrekt. Gen Y/Z streben nach flexibler Arbeit, klarer Work-Life-Balance und Sinnhaftigkeit im Job. Sie bevorzugen flache Hierarchien, Diversität und nachhaltige Unternehmen mit digitalem Fokus. Die wachsende Anzahl an neuen Firmen deutet nicht darauf hin, dass diese Generation nicht unternehmerisch sein will. Was aber absehbar ist, die Struktur, die Ideen und die Art einer Firmenübernahme sind nicht mehr die gleichen wie früher.

Eignermodelle

Es werden drei verschiedene Eignermodelle unterschieden (siehe Abbildung 1):

  • Mehrheitsaktionär (unechte Partnership)
  • echte Partnership
  • «genossenschaftlicher Ansatz»

Ein Mehrheitsaktionär (Patron) war bislang ein traditionelles Eignermodell (Modell 1). Der Patron entschied und verantwortete alles selber. Die heutige Situation zeigt, dass die neue Generation mehrheitlich nicht allein in der Verantwortung stehen will. Ein mögliches Modell der Zukunft könnte die Bildung einer echten Partnership (Modell 2) sein. Hier sind alle Inhaber gleich beteiligt, mit gleichen Rechten und Pflichten (Kopfstimme). Gerade bei MBO-Lösungen wird dieses Modell vielfach angewandt (Erfolgsfaktoren siehe Box unten). Beim genossenschaftlichen Ansatz (Modell 3) besitzt jeder Mitarbeiter eine Aktie. Die Idee ist inspirierend, jedoch in der Praxis eher mühsam, aufwendig und nicht sehr agil.

Erfolgsfaktoren für Partnership

  • realistische Finanzierungslösung für neue Partner*nnen (fünf bis sieben Jahre)
  • klares Exit-Szenario (wer kauft meine Anteile zu welchem Preis)
  • ausgewogene Altersstruktur (sukzessive Nachfolgeregelung in der Partnership)
  • klare Kompensationsvorgaben und -bestimmungen (Lohn, Spesen, Bonus, Dividende)

Vom Mitarbeiter zum Unternehmer

Ein Unternehmer wird nicht «geboren». Entsprechend zeigt es sich vor allem auch beim MBO anspruchsvoll, wie Mitarbeitende vom Arbeitnehmer zum Arbeitgeber (Unternehmer) entwickelt werden können. Es ist ratsam, dass der Entwicklungsprozess mit genügend Zeit ausgestaltet wird. Denn «Neuunternehmer» brauchen Vertrauen in ihre Fähigkeiten, sodass sie in einen solchen Prozess überhaupt einsteigen. Wie sich ein perfektes MBO-Team zusammensetzt, kann mittels Assessment/Persönlichkeitsanalysen überprüft und festgestellt werden. Nicht jede Person oder Persönlichkeit kann eine definierte Rolle (z.B. Chefentwickler, CEO etc.) auch ausfüllen. Die Erfolgschancen steigen, wenn jede Rolle mit den passenden Personen besetzt wird.

Abbildung 1: Optimale Inhaberstruktur

Erwerbsform

Grundsätzlich sind zwei Erwerbsformen denkbar:

  • Privaterwerb
  • Holdinglösung

Jede Erwerbsform hat Vor- und Nachteile, entsprechend ist im Einzelfall die optimale Lösung zu finden. In der Regel kann ein Kaufpreis nicht vollumfänglich mit Eigenmitteln finanziert werden. Eine Fremdfinanzierung (Bank und/oder Verkäufer) wird notwendig. Somit ist relevant, wie lange die Rückzahlung der Darlehen dauert. Je nach Erwerbsform ist dies unterschiedlich.

Beim Privaterwerb werden die Anteile privat übernommen und auch finanziert. Bevor Mittel von der Firma privat vom Käufer bezogen werden können, sind diese zuerst als Lohn oder Dividende zu entrichten – dies mit Abgabefolgen von 20–40% (Steuern/AHV). Diese Abgaben schmälern das Substrat für den Käufer, sodass weniger Mittel zur Amortisation von Darlehen übrig bleibt; die Rückzahlungsdauer (Payback) verlängert sich. Spannend betreffend Paybackdauer zeigt sich die Holdinglösung. Hier wird eine Akquisitionsgesellschaft gegründet, welche die Anteile erwirbt. Auch die Finanzierung läuft via Holding. Da Dividendenzahlungen (Beteiligung ab 10%) in eine Holdinggesellschaft von den Steuern mehrheitlich befreit sind, lässt dies eine schnellere Rückführung der Darlehen zu (rund ein Drittel schneller).

Stolpersteine/Herausforderungen beim Erwerb

Nachfolgend ein paar Klassiker:

Wert vs. Preis

Der Unternehmenswert muss nicht gleich hoch sein wie der Kaufpreis. Es ist ratsam, den Wert mittels Unternehmensbewertung zu ermitteln. Wie hoch dann der Kaufpreis sein wird, ist Bestandteil von Verhandlungen. Vielfach ist der Übergeber bereit, die Firma zu einem tieferen Preis abzugeben, sodass ein MBO auch gelingt.

Finanzierung

Oft verfügt das MBO-Team über wenig Eigenmittel. Entsprechend wird eine Fremdfinanzierung (Bank/Verkäufer) nötig. Der Regelfall besagt, dass die Paybackdauer der Investition nicht länger als fünf bis sieben Jahre betragen sollte. Es empfiehlt sich die Erstellung eines Finanzplans, welcher Aufschluss über Best- und Worst-Case-Szenarien gibt. Persönliche/Familiäre Risiken im Bereich Tod/IV oder auch Ehe-/Erbrecht sind abzudecken.

Mitarbeiterbeteiligungen – Sicht Steuern

Erwirbt ein Mitarbeiter Aktienanteile, so läuft dies steuerlich unter dem Begriff «Mitarbeiterbeteiligung». Werden Aktien unter dem Verkehrswert (Drittvergleich) an Mitarbeiter übertragen, so kann die Steuerverwaltung die Differenz Verkehrswert zum Erwerbspreis als steuerbares Einkommen aufrechnen, was beim Erwerber bis zu 50% Abgaben (Steuern und AHV) auslösen kann. Es empfiehlt sich in solchen Fällen, den Kaufpreis mittels Steuerruling abzusichern. Eine weitere Lösung wäre, dass die Aktien einer Veräusserungssperre unterstellt werden, was den Verkehrswert steuerlich reduziert.

Vertragswerk

Das Vertragswerk sollte klar und verständlich sein. Bei Partnerships bildet der Aktionärbindungsvertrag (ABV) das formale Herzstück. Im ABV wird geregelt, wie die Formalitäten bei einem Ausoder auch Eintritt aussehen, wer darf/ muss bei einem Austritt die Aktien zu welchem Preis übernehmen (Put-/CallOptionen), wie (wer und wie lange) setzt sich der Verwaltungsrat oder die Geschäftsleitung zusammen, wie wird die Kompensation je Partner geregelt und wie können böswillige Austritte sanktioniert werden (Bad Leaver, Preisabschlag, Konkurrenzverbot, Konventionalstrafe etc.). Die Bestimmungen im ABV müssen glasklar und wasserdicht sein, sodass das Abgemachte vor allem auch in Ausnahmefällen nicht zu Diskussionen führt.

Nachgelagerte Tasks

Sind die Verträge unterzeichnet, ist der Prozess nicht beendet. Die Ablösung des bisherigen Eigentümers steht an. Dieser muss sein «Baby» loslassen, was in der Praxis nicht einfach ist. Weiter kommen die Übernehmer in neue Rollen/Positionen (z.B. Führung), welche ungewohnt sind und teilweise zu Überforderungen/ Überhitzungen führen können. Eignerwechsel lösen oft eine Überprüfung der Strategie oder auch eine Neudefinition von Werten verbunden mit der Beurteilung der Markenführung aus.

Fazit

Eine Nachfolge mittels MBO bietet etliche Chancen. aber auch Risiken und Eigenheiten. Die Herausforderungen sind mannigfaltig und bedürfen einer sauberen Analyse, Strukturierung, Planung und Umsetzung. Der Nachfolgeprozess ist komplex und kann für Übergebende und Übernehmende belastend sein. Das Stresslevel einer Nachfolge wird oftmals mit jenem einer Scheidung verglichen – Emotionen sind somit garantiert. Wann lösen Sie Ihre Nachfolge?

André Egli

André Egli ist Leiter Nachfolge und Verwaltungsrat von Balmer-Etienne AG, einem der renommiertesten Unternehmen für Treuhand, Prüfung und Beratung. André Egli begleitet Unternehmer und Firmen in ihrem Nachfolgeprozess. www.balmer-etienne.ch

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