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Change-Management neu gedacht: Risikoreduzierung durch Lean-Change

In einer sich ständig verändernden Welt stehen insbesondere KMU vor der Herausforderung, ihre Strukturen laufend den Marktbedürfnissen anzupassen. Dieser Artikel bietet eine frische Perspektive auf organisatorischen Wandel durch Lean-Change-Management (LCM). LCM ermöglicht eine nachhaltige, schlanke und risikoarme Transformation hin zum zukunftsfähigen KMU. Wir beleuchten die aktuellen Herausforderungen und diskutieren notwendige Voraussetzungen für den Erfolg. Praktische Umsetzungstipps runden diesen Leitfaden ab.

Von Peter Zurkirchen

Wandel meistern: Herausforderungen und Chancen für Schweizer KMU

Der stetige Wandel in Technologie, Marktbedingungen und Kundenanforderungen zwingt die Schweizer KMU, sich kontinuierlich anzupassen. Doch Veränderung ist nicht trivial. Sie betrifft sowohl die Aufbau- als auch die Ablauforganisation und erfordert eine enge Zusammenarbeit auf allen Ebenen.

Einer der Schlüssel zum Erfolg in diesem dynamischen Umfeld ist Agilität – die Fähigkeit eines Unternehmens, schnell und effektiv auf Marktveränderungen zu reagieren. Dabei geht es darum, die eigenen Strukturen, Prozesse und Kommunikationskanäle kontinuierlich zu hinterfragen und anzupassen. Dies bedeutet, dass Aufbau- und Ablauforganisation Hand in Hand arbeiten müssen: Der Aufbau definiert die Struktur und die Hierarchien innerhalb des Unternehmens, während die Ablauforganisation sich auf die Prozesse und die Funktionen für die tägliche Arbeit konzentriert. Beide müssen synchronisiert werden, um langfristig erfolgreich auf dem Markt bestehen zu können.

Doch wie gelingt in dieser umtriebigen Zeit der Balanceakt zwischen Wachstum und Anpassung, ohne dabei ins Straucheln zu kommen? Die Antwort liegt in der schlanken und wirkungsvollen Philosophie von Lean-Change-Management. LCM eröffnet einen Weg, der weit entfernt ist von der herkömmlichen, oft starren Veränderungspraxis. Es ist wie das Navigieren eines Schnellboots in stürmischen Gewässern, wobei jedes Manöver sorgfältig geplant und doch flexibel ausgeführt wird.

Für Schweizer KMU bedeutet dies, dass sie nicht vor der Herausforderung der Veränderung zurückschrecken müssen. Vielmehr können sie sie als Chance begreifen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Lean Change Cycle

Weniger Risiko, mehr Lernerfolg: Wie Lean Change Ihre Transformation unterstützen kann

Im Herzen von Lean Change schlägt das innovative Prinzip von Lean Start-up – eine Philosophie, die darauf abzielt, in kürzester Zeit mit minimalem Aufwand maximales Lernen zu ermöglichen. LCM nimmt diese Idee auf und wendet sie auf den Prozess der organisationalen Veränderung an, indem es einen Zyklus aus Erkenntnissen, Optionen und Experimenten vorsieht. Dieser Ablauf ist der Motor der Veränderung und wird als Lean Change Cycle bezeichnet.

Doch wie funktioniert dieser Zyklus in der Praxis? Beginnen wir mit den Erkenntnissen: Hier geht es darum, ein tiefes Verständnis für die gegenwärtigen Herausforderungen zu entwickeln. Anschliessend werden Optionen generiert, die verschiedene Wege darstellen, wie diese Herausforderungen angegangen und Chancen genutzt werden können. Die Optionen werden gegeneinander abgewogen, um so zur erfolgversprechendsten Option zu gelangen. Der entscheidende Schritt ist das Experiment. Hier wird die zuvor evaluierte Option in ein Experiment eingebettet. Dieses wird in die Tat umgesetzt, um zu lernen, ob sich die ursprüngliche Hypothese bewahrheitet oder nicht.

Experimente im Rahmen des LCM sind sorgfältig strukturiert. Jedes Experiment basiert auf einer Hypothese, die klar formuliert wird. Dazu gehören Metriken für die Validierung – also messbare Indikatoren, die anzeigen, ob die Hypothese bestätigt oder widerlegt wurde. Ebenfalls entscheidend sind die betroffenen Menschen: Wer ist wie vom Experiment betroffen, wer muss involviert sein?

Abschliessend werden konkrete Schritte festgelegt, die das Experiment durchführen. Nach der Durchführung kommt der wichtigste Schritt: nämlich der Review des Experiments und die dadurch abzuleitenden Lernerfolge. Mit diesen Erkenntnissen gehen wir in die nächste Runde des Lean Change Cycle.

Die DNA von LCM ist einzigartig und spiegelt seine Stärken wider. LCM ist …

  • … einladungsbasiert: Die Mitarbeitenden werden ermutigt, sich freiwillig an Veränderungen zu beteiligen.
  • … dialogbasiert: Der Austausch und das Feedback aller Beteiligten sind von zentraler Bedeutung.
  • … erkenntnisgetrieben: Entscheidungen werden auf der Grundlage der Lerngewinne aus den Experimenten getroffen.
  • … risikominimiert: Durch das evolutionäre Vorgehen, die kleinen Schritte und die überschaubaren Investitionen wird auch das Risiko auf ein annehmbares Mass reduziert.
  • … leichtgewichtig: Wir kommen ohne schwere bürokratische Lasten aus, sodass schnelles Handeln möglich ist. Zudem sind die meisten Werkzeuge einfach verständlich und ohne grossen Ballast durchführbar.
  • … anschlussfähig: Das Denkmodell und die Werkzeuge sind flexibel genug, um sich in bestehende Prozesse und Kulturen einzufügen.

Durch die Verankerung in diesen Prinzipien unterstützt Lean Change Ihre Transformation nicht nur mit weniger Risiko, sondern auch mit einem gesteigerten Lernerfolg. Es rüstet Organisationen mit den Werkzeugen aus, die notwendig sind, um in einer Welt des ständigen Wandels nicht nur zu überleben, sondern zu gedeihen.

Erfolgsprinzipien: Lean Change in der Praxis

Bei der Umsetzung organisationaler Veränderungen durch LCM stehen Unternehmen vor entscheidenden Weichenstellungen. Es genügt nicht, nur das Denkmodell und die Praktiken zu kennen – der Geist und die Kultur innerhalb des Unternehmens müssen mit der gewählten Vorgehensweise übereinstimmen. Nachfolgend sind die wichtigsten Erfolgsprinzipien aufgelistet, die sich in der Praxis als sehr wirksam gezeigt haben:

  1. uneingeschränktes Engagement der Geschäftsleitung: Veränderung beginnt an der Spitze. Ohne eine leidenschaftliche, aktive Unterstützung der Top-Führungsebene bleiben selbst die ambitioniertesten Initiativen wirkungslos. Die Geschäftsleitung muss nicht nur «Ja» zur Veränderung sagen, sondern dieses Vorhaben als zentrale Mission verfolgen, vorleben und einfordern.
  2. eine Kultur des Lernens: Lean Change verlangt nach einer Kultur, die nicht nur Lernen zulässt, sondern dieses aktiv fördert und einfordert. Jeder Schritt, jede Iteration sollte als Chance verstanden werden, etwas Neues über den Markt, die Kunden und vor allem über sich selbst zu lernen.
  3. psychologische Sicherheit: Eine starke Lernkultur braucht ein Fundament der psychologischen Sicherheit. Jedes Teammitglied muss sich trauen, Ideen einzubringen, schlaue Fehler zu machen und daraus zu lernen – ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Diese Offenheit ist der Schlüssel, um Rückschläge nicht nur zu überwinden, sondern sie als Sprungbrett für Neues zu nutzen.
  4. Einbindung aller Betroffenen: Wandel kann nur gelingen, wenn diejenigen, die ihn leben sollen, von Beginn an einbezogen werden. Ihre frühzeitige Beteiligung gewährleistet, dass der Veränderungsprozess auf realen Bedürfnissen basiert und somit grössere Akzeptanz findet.
  5. Weg-Ziel-Stimmigkeit: Die gewählte Herangehensweise muss Hand in Hand mit der Zielkultur des Unternehmens übereinstimmen. Nur wenn die Grundwerte der Vorgehensweise die Werte und Visionen des Unternehmens widerspiegelt, kann der Prozess nachhaltigen Wandel fördern.

Diese Erfolgsprinzipien sind die Bausteine für eine erfolgreiche Transformation mithilfe von Lean Change. Sie sorgen nicht nur für eine effektive Umsetzung von Veränderungen, sondern bereiten Unternehmen auch darauf vor, proaktiv und resilient in einer sich ständig wandelnden Welt zu agieren. Lean Change ist somit mehr als eine Vorgehensweise – es ist eine Philosophie, die Unternehmen befähigt, Herausforderungen als Chancen zu begreifen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Die Zukunft gestalten: Nächste Schritte für Ihr Unternehmen

Um die Zukunft Ihres Unternehmens nicht nur zu betreten, sondern kraftvoll zu gestalten, beginnen Sie mit einem klaren Blick auf das Jetzt. Involvieren Sie die betroffenen Mitarbeitenden, um gemeinsam die aktuelle Situation zu analysieren. Dieser Schritt ist entscheidend, um ein kollektives Verständnis der vor Ihnen liegenden Herausforderungen zu schaffen. Gemeinsamkeit ist hier das Schlüsselwort – nur wenn alle Beteiligten verstehen, worum es geht, können effektive Lösungen entwickelt werden. Für die Ist-Aufnahme kann Ihnen das Change Canvas dienen, welches kostenlos heruntergeladen werden kann (siehe Box).

Der nächste Schritt ist die kreative Phase: Entwickeln Sie vielfältige Lösungsansätze. Denken Sie dabei nicht nur gross, sondern auch breit. Bewerten Sie jede Option sorgfältig und entscheiden Sie sich für diejenige, die nicht nur vielversprechend aussieht, sondern auch mit dem geringsten Aufwand realisierbar ist. Damit wählen Sie den Pfad, der Effizienz mit Effektivität verbindet.

Jetzt wird es praktisch: Packen Sie Ihre erfolgversprechendste Option in ein Experiment und setzen Sie es in die Tat um. Diese praktische Erprobung ist der Prüfstein für Ihre Theorie. Sie können sich gerne der frei erhältlichen Experimentierschablone in der Downloads-Box bedienen. Aber hier endet der Prozess nicht – nach der Durchführung ist vor der Analyse. Betrachten Sie gemeinsam mit Ihrem Team die Ergebnisse. Was hat funktioniert? Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?

Und dann, mit diesen frischen Erkenntnissen bewaffnet, beginnen Sie den Lean Change Cycle von Neuem. Dieser kontinuierliche Prozess aus Planung, Handlung, Überprüfung und Anpassung hält Ihr Unternehmen agil und anpassungsfähig. Indem Sie diesen Kreislauf zu einem festen Bestandteil Ihrer Unternehmenskultur machen, sichern Sie nicht nur Ihren Erfolg. Sie gestalten damit ein resilientes KMU, das bereit ist, die Herausforderungen von morgen zu meistern und die Zukunft aktiv zu gestalten.

QUELLEN & LINKS

Peter Zurkirchen

Als Organisationsberater und Dozent verhilft Peter Zurkirchen Organisationen zu neuer Strahlkraft. Seit 2018 ist er erster und einziger Schweizer LCM-Trainer und hat schon über 600 Lean Change Agents ausgebildet. www.kingpact.com

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